Hinter den Dingen

Ausstellung im BelleVue, Ort für Fotografie, Breisacherstrasse 50, 4057 Basel
7. – 8. Juni 2013 

Ausstellungsort

Ursula Sandmeier

Claudia Walther

Andreas Wüthrich

Andreas Wüthrich und Evelyn Roth

«Hinter den Dingen» – auf den ersten Blick kein Thema für Fotografierende, würde man annehmen, da das Medium Fotografie sich auf die Abbildung von Oberflächen zu beschränken scheint. Nun schliesst das «Dahinter» aber auch Durchblicke, Transparenz, illusionistische und psychologische Tiefe sowie Kehrseiten mit ein.

Die Gruppe 09 hat sich während eines Jahres dieser Thematik gewidmet und stellt nun die vielfältigen fotokünstlerischen Ergebnisse im Bellevue, Raum für Fotografie, Basel, aus.

Illusionistische Raumtiefen und ein Doppelgängerthema eröffnen sich in den Fotos von Ursula Sandmeier. Sie hat Spiegelungen und deren bildliche Verdichtungen auf Glastüren und Eingängen von modernen Gebäuden fotografisch eingefangen. Evelyn Roth holt den Blick-nach-hinten mittels eines geschickt plazierten quadratischen Spiegels in die Szene vor sich. Das Ergebnis ist eine Serie kleinformatiger, poetischer und lieblicher Bilder, welche zu überraschenden Entdeckungen einlädt. Einen Schritt weiter geht Andreas Wüthrich, indem er an ausgewählten Orten entstandene Aufnahmen von jeweils zwei gegenüberliegenden Blickrichtungen digital überlagert und zu wundervollen, surrealen Meerslandschaften verschmilzt. In einer anderen Serie zeigt Andreas Wüthrich formatfüllende Oberflächen – den blauen Himmel mit ein paar wenigen lieblichen Wölkchen, ein weisses Schneefeld … erst die Bildlegende führt unsere Imagination in die dahinterliegende Tiefe, ins Weltall, oder auch zu den Organismen im Erdreich …

Die Thematik des Vorhangs ist in mehreren Werken anzutreffen. In Claudia Walthers grossen Fotodrucken auf Leinwand tauchen liegende Frauenfiguren aus dem durch einen halbtransparenten Vorhang verborgenen, jenseitigen Raum auf. Ein Geheimnis scheint diese in malerischer Weise inszenierten Figuren zu umgeben. Auch Bea Denss fotografiert durch Gardinen, Schleier und Schichtungen – längliche Querformate, welche wie Sehschlitze wirken, geben den Blick frei auf sommerlich luftige Gartenszenen oder das magische Glitzern eines Sees. In einer anderen Serie blicken uns durch die Schleier und Lichttupfer Gesichter entgegen – Begegnungen mit dem Du durch alle trennenden Ebenen. Und Ursula Sandmeier hat ein grossformatiges vielschichtiges Bild eines Weges in einen paradiesischen Urwaldgarten in digitaler Bearbeitung erschaffen.

Evelyn Roth zeigt geheimnisvolle Doppelporträts vor dunklem Grund, in welchen die gleiche Person von vorne sowie, etwas verschoben, von hinten zu sehen ist. Die Szenen sind in sehr schönen dunklen Sepia- und Goldtönen gehalten, und ihre traumartige Wirkung wird noch verstärkt durch Bewegungsverwischungen oder Gegenständen, welche die Personen hinter ihrem Rücken verborgen halten. Faszinierend ist auch Claudia Walthers in Orange und Rot getauchter Fotodruck auf Leinwand, welcher die Sicht in ein Schlafzimmer mit einem zerwühlten Bett freigibt – erst auf den zweiten Blick erkennbar als Spiegelung in einer Schrankfront.

Eine wahre Explosion von Blau und Rot bietet sich in Ursula Sandmeiers dokumentarischen Fotos – Ausschnitte aus einem leeren Fussballstadion nach der grossen Schlacht – an. Sie sind gleichzeitig Zeugnisse der fragwürdigen Kehrseiten der Unterhaltungsindustrie und Fotografien von einer rigorosen Ästhetik.

Andreas Wüthrich und Evelyn Roth präsentieren eine grosse, installative Fotoarbeit mit einer verschlossenen Holztür und einem Fenster, das einen (nahezu indiskreten) nächtlichen Blick durch dunkles Laub und Lamellenschlitze in ein warm erhelltes Interieur freigibt. Davor auf dem Fussboden befindet sich ein Schachtdeckel, der sich öffnen lässt und den Blick in die Tiefe eines ungeahnten Untergrundes freigibt.

Claudia Walther 28.4.2013